Bioökonomie-VVU: Highlights aus 2024
In 2024 initiierten und begleiteten wir im Rahmen der Geschäftsstelle Bioökonomie-VVU wieder viele spannende Maßnahmen rund um das Themenfeld des Forschungsverbunds für eine Modellregion Bioökonomie im Rheinischen Revier. Wir laden ein, in einem Jahresrückblick auf die Aktivitäten zurückzuschauen.

Bioeconomy Changemakers Festival entfaltet mit der Jugend das Potenzial der Bioökonomie
Beim ersten Bioeconomy Changemakers Festival der Europäischen Kommission war das Rheinische Revier als eine von über 30 Regionen aus ganz Europa beteiligt. Bei der BioökonomieREVIER Rundtour am 14. März 2024 gaben die jungen Leute Handlungsempfehlungen für Akteure aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Regionalentwicklung an die Hand. Begleitet wurde das Event durch Bioökonomie-VVU.
Rund 50 junge "Changemakers" erfuhren, wie das Rheinische Revier den Aufbruch aus der Fossilwirtschaft zur Gestaltung der Zukunft mit Bioökonomie gestaltet – quasi eine ganze Region als Reallabor: Vom Forum Terra Nova in Elsdorf am Tagebau Hambach, dem "tiefsten Loch Europas", zum "Dorf der Zukunft" Morschenich-Alt, dem benachbarten Agri-Food-Energy Park zur Erprobung innovativer Landwirtschaft hin zum Brainergy-Park Jülich, ein Innovationszentrum und Start-up Village.
Mit Akteuren aus Wissenschaft, Wirtschaft, Regionalentwicklung und Politik ist die Jugendcharta BioökonomieREVIER entstanden, angelehnt an die zentralen Wünsche der EU-Jugend für die Themen Future Food, Zukunftsgestaltung der Heimat, Arbeitsmarkt und Wandel in Industrie und Landwirtschaft.
BioökonomieREVIER: 2. Bioökonomie Feldtag im Rheinischen Revier
Eines der Highlights war der 2. Bioökonomie Feldtag im Rheinischen Revier, der am 06. Juni 2024 unter Federführung des Forschungszentrums Jülich (BioökonomieREVIER) in Morschenich-Alt stattfand.
Diesmal konnte BioökonomieREVIER zusätzlich zu Projektpartnern weitere Unternehmen und Start-ups aus dem Netzwerk begeistern, ihre innovativen Geschäftsansätze vorzustellen.
Das Format versteht sich dabei mehr als eine Einladung an die Region und Landwirtschaft zum Vernetzen und Umsetzen praxisnaher Ideen denn als Ausstellung. Rund 250 Interessierte hatten sich im Vorfeld zur Teilnahme angemeldet.
Im Fokus standen die Themen Agritech & Food. Geboten wurde ein breites Spektrum – von der frisch gebrühten Kaffee-Alternative aus Lupinen, regionalen Speiseölen und Kräutern über Angebote für die Tier- und Pflanzengesundheit, Vorhersagen von Dürre-Ereignissen bis hin zu organischem Dünger und Gährprodukten für die Klima-Anpassung von Böden.
Hier präsentierten sich vor allem die Projekte aus dem Innovationscluster BioökonomieREVIER im Themenfeld Innovative Landwirtschaft. Gezeigt wurde unter anderem, welche Nutzpflanzen unter Agri-Photovoltaik profitieren. Weitere Erfahrungen mit dem Anbau und der Verwertung von Rohstoffpflanzen wie die Färberdistel sowie Tests mit Heil- und Medizinalpflanzen wie Kapuzinerkresse sind vielversprechend.
Einen in seiner Art einmaligen Überblick lieferten Start-ups, Unternehmen und Forschende zur Agrar-Robotik. Hier präsentierte sich die ganze Bandbreite der möglichen Anwendungen - von der Forschung bis zur praktischen Anwendung für den Garten- oder Ackerbau.


Statuskonferenz "Transformation nachhaltig gestalten"
Unter dem Motto „Transformation nachhaltig gestalten“ fand in Düren am 23. September 2024 die 2. Statuskonferenz der Begleitforschung zur Modellregion Bioökonomie im Rheinischen Revier statt. Zahlreiche Akteure aus der regionalen Bioökonomie-Community kamen zusammen, um sich zu vernetzen und über die Zukunft der Bioökonomie im Rheinischen Revier und darüber hinaus zu diskutieren.
Ein besonderes Highlight im Kontext unserer Statuskonferenz war die Veröffentlichung einer Studie zur zukünftigen Entwicklung des Rheinischen Reviers vom RWTH Institute for Technology and Innovation Management (TIM). Darin wurden Zukunftsszenarien des Wirtschaft- und Strukturprogramms 1.1 durch regionale Akteure des Strukturwandels bewertet und mögliche Stolpersteine und Handlungsansätze abgeleitet. Die zentralen Erkenntnisse der Studie wurden von Paul Selzner vorgestellt.
„Das Potenzial des innovationsgeleiteten Strukturwandels im Rheinischen Revier ist enorm. Unsere Studie zeigt eine starke Unsicherheit bezüglich der Erreichbarkeit der hoch gesteckten Ziele des WSP 1.1 bei den kommunalen und politischen Akteuren des Strukturwandels. Um das enorme Potenzial des Rheinischen Reviers erfolgreich zu nutzen, ist es essenziell, den Akteuren eine gewisse Sicherheit zu vermitteln und ihnen Mut für die Zukunft zu machen. Wir freuen uns auf den Austausch mit Ihnen, was es braucht, um diese Sicherheit zu vermitteln.“ (Paul Selzner und Prof. Dr. David Antons).
Darüber hinaus stellte Christoph Nasgowitz vom RWTH Institute for Technology and Innovation Management (TIM) die Sicht der Begleitforschung auf das Innovationsökosystem der Modellregion Bioökonomie im Rheinischen Revier dar:
„Im Revier existiert eine Vielzahl von vernetzten, aber auch unabhängigen Projekten und Akteuren, die auf die Zielrichtung der biologischen Transformation des Rheinischen Reviers einzahlen. Nun geht es darum, dieses Ökosystem gemeinsam zu entwickeln. Die Technologien unserer Hochschulen müssen in der regionalen Wirtschaft ankommen und auch die Gesellschaft will abgeholt werden. Dafür braucht es viele Akteure, die gemeinsam an einem Strang ziehen.“ (Christoph Nasgowitz und Dr. Christina Dienhart)
Weitere Highlights der Veranstaltung waren Impulsvorträge von Prof. Dr. Stefan Böschen und Lena Lübbe, die spannende Einblicke in ihre Arbeit am Human Technology Center der RWTH Aachen University rund um das Thema gesellschaftliche Teilhabe am Strukturwandel und der Bioökonomie gaben.
„Die hohe Bedeutung gesellschaftlicher Partizipation im Kontext des Strukturwandels ist unbestritten, und doch ist sie teils schwierig umzusetzen oder zu etablieren. Wie kann da gesellschaftliche Partizipation im Kontext der Bioökonomie gestaltet werden? Welche Formen und Anlässe bieten sich hierfür an? Diese und weitere Fragen gilt es mit den Akteuren aus dem Strukturwandel und der Bioökonomie zu diskutieren.“ (Lena Lübbe).
Passend dazu teilte Jan-Hendrik Kamlage (CURE - Centrum für Umweltmanagement, Ressourcen und Energie) seine praktischen Erfahrungen bei der Durchführung verschiedener Partizipationsformate wie einem Bürger:innenrat und einer Bürger:innenversammlung im Kontext der Bioökonomie, die er im Zeitraum August 2019 bis Dezember 2021 im Rahmen der Initiative BioökonomieREVIER inhaltlich gestaltet hat.
Zudem beleuchtete Mirijam Böhme in Ihrem Impuls die Maßnahmen und Erkenntnisse der Stadt Aachen im wichtigen Feld der Wissenschaftskommunikation.
Das anschließende Diskussionspanel wurde durch Almut Kriele (Netzwerkbüro Bildung Rheinisches Revier) und Dr. Ruth Laengner (Kreisstadt Bergheim) komplettiert.
Im Track „Flächennutzung in der Transformation: Wie gelingt sie nachhaltig?“ beschäftigten wir uns mit den Chancen und Herausforderungen einer nachhaltigen Flächennutzung im Strukturwandel. Neben interessanten Impulsvorträgen wurden in einer vielseitigen Expert:innenrunde Facetten und Lösungsansätze des Flächenkonflikts im Rheinischen Revier diskutiert.
„Das Rheinische Revier ist aktuell eher durch eine intensiv genutzte artenarme Landschaft gekennzeichnet. Die Transformation bietet die Möglichkeit, die Landschaft wieder ökologisch attraktiver und strukturreicher zu gestalten, um auch die Klimaresilienz im Rheinischen Revier zu fördern. Gleichzeitig dürfen wichtige Aspekte wie Ernährungssicherung und Klimaschutz bei einer ökologisch nachhaltigen Gestaltung nicht vernachlässigt werden.“ (Prof. Dr. Martina Roß-Nickoll und Dr. Alexandra Sybertz).
Passend dazu beleuchtete Dr. Christian Klar (BioökonomieREVIER) in seinem Impulsvortrag die Flächennutzung speziell im Kontext der Bioökonomie. Anschließend gab Klaus Dosch, ResScore GmbH, mit dem Projekt KREGI Einblicke, wie Klima- und Ressourceneffizienz in Gewerbe- und Industriegebiete gebracht werden kann.
Das darauffolgende Diskussionspanel bereicherten Erich Gussen (Rheinischer Landwirtschaftsverband) und Dr. Anna von Mikecz (NABU NRW/BioökonomieRat NRW).
Prof. Dr. Ulrich Schurr, Co-Vorsitzender Bioökonomie-Rat NRW, beleuchtete in seiner Keynote die aktuellen Entwicklungen der Bioökonomie sowie Zukunftsvisionen für das Rheinische Revier sowie für das gesamte Land Nordrhein-Westfalen: Für eine nachhaltige, zirkuläre Bioökonomie sind die Förderung innovativer Technologien, das Überdenken von Nutzungshierarchien und fundierte Datenanalysen entscheidend. Politische Rahmenbedingungen müssen angepasst, Forschungsergebnisse schneller transferiert und Fachkräfte gezielt ausgebildet werden. Zudem muss der Dialog mit den vielfältigen Akteursgruppen und der Gesellschaft gesucht werden. Gleichzeitig thematisierte er, welche Rolle das Rheinische Revier bei der Gestaltung einer Bioökonomie-Strategie für NRW spielen kann.



Delegationsreise nach Norditalien
Ende Oktober organisierten wir im Rahmen der Geschäftsstelle die jährliche Delegationsreise. Diesmal ging es für die Gruppe rund um die beiden Flagship-Projekte Kompetenzzentrum Bio4MatPro und Innovationscluster BioökonomieREVIER sowie Bioökonomie-VVU nach Norditalien. Dort erwarteten die Teilnehmenden spannende Einblicke in das vom Ministry of University and Research (MUR) geförderte Innovations-Ökosystems NODES - Nord Ovest Digitale E Sostenibile.
Die Mission von NODES besteht darin, mit einem interdisziplinären Ansatz und der Kooperation aus Industrie und Forschung den Strukturwandel in der Region zu gestalten und positive Auswirkungen auf den ökologischen und digitalen Wandel zu erzielen.
Begrüßt wurde die Gruppe am ersten Tag in Pavia (Lombardei) von Daniela Ubiali und Claudia Binda sowie Federico Forneris, Prorektor für Forschung und Wissenschaft an der Universität Pavia.
Am zweiten Tag unserer Delegationsreise drehte sich alles um Pflanzen, Landwirtschaft und die Agroindustrie. Angefangen beim Anbau klimaangepasster Arten, über Maiskolben als „Smart-Packaging“ Komponente bis hin zur Nutzung von Reststoffströmen, z.B. im Zuge von 3D-Druck mit Bioplastik oder in Form von Nebenprodukten in der Medizin, gab es viele spannende Einblicke in die vielfältigen Forschungsaktivitäten der Università di Pavia im Rahmen von NODES - Nord Ovest Digitale E Sostenibile.
Bei allen regionalen Besonderheiten arbeiten im Kern beide Regionen - Nordwestitalien und das Rheinische Revier - an ähnlichen Herausforderungen. Grüne Chemie, Circular Economy und Kaskadennutzung waren hierbei nur einige der gemeinsamen Themen.
In beiden Regionen wurde die Bioökonomie als wichtiger Lösungsansatz zur Begegnung des Strukturwandels identifiziert. Der gemeinsame Austausch eröffnete uns hier neue, spannende Blickwinkel.
Mit vielen neuen Erkenntnissen und Impulsen im Gepäck machte sich die Gruppe auf den Weg nach Turin. Dort standen in zwei Tagen weitere interessante Treffen und Gespräche an. Dort ging es für die Teilnehmenden zunächst an den Lehrstuhl für Biotechnologie der Università degli Studi di Torino. Cristina Prandi, Vice-rector for Research in Natural and Agricultural Sciences der Università degli Studi di Torino begrüßte die Delegation an der drittgrößten Universität Italiens und sprach über die Bedeutung der Bioökonomie für Wissenschaft und Wirtschaft vor Ort.
Weiter ging es mit einem Besuch des Molecular Biotechnology Centers und einem spannenden Einblick in die Start-up Landschaft der Region. Fiorella Altruda, Präsidentin des Centers, präsentierte die Arbeit der Organisation und Giuseppe Serrao vom 2i3T - Innovative Companies Incubator of the University of Turin veranschaulichte, wie der Technologietransfer gestaltet und unterstützt wird.
Bei einem anschließenden Austausch zum Projekt Sus-Mirri.IT führte Giovanna Cristina Varese, Professorin am Department of Life Sciences and Systems Biology und Koordinatorin der Joint Research Unit (JRU), aus, inwiefern das Vorhaben dazu beiträgt, die Forschungsinfrastruktur speziell in den Feldern Biotechnologie und Bioökonomie zu verbessern.
Abgerundet wurde der Tag durch einen Besuch bei OGR Tech, einem Innovations- und Accelerator Hub in Turin.
Am letzten Tag ging es für die Teilnehmenden zum Environment Park Turin, der bereits seit über 20 Jahren Anlaufstelle für Unternehmen und öffentliche Institutionen ist, die Innovationen im Bereich Green Tech vorantreiben möchten.
Dort konnten sie sich unter anderem anschauen, wie der Aufbau von Pilotanlagen zur Förderung des Technologietransfers zwischen Wissenschaft und Wirtschaft umgesetzt wird. Gleichzeitig erhielten sie durch Paola Zitella einen Eindruck davon, wie junge Unternehmen in den verschiedenen Skalierungs- und Wachstumsphasen im Park unterstützt werden.
Annalisa Abdel Azim und Valeria Agostino präsentierten im Anschluss verschiedene Forschungsaktivitäten am Istituto Italiano di Tecnologia zum Schwerpunktbereich Biotechnologie. Beispiele sind die Gewinnung von Biofuel und der Einsatz biobasierter Materialien.
Den Abschluss bildete der Besuch des Clusters SPRING - Italian Circular Bioeconomy Cluster, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, die zirkuläre Bioökonomie in der Region zu fördern. Mario Bonaccorso vermittelte der Delegation in diesem Zuge einen Eindruck davon, welchen Stellenwert die Bioökonomie bereits in Italien hat und wie sie in Zukunft noch bedeutsamer werden kann.
Dann hieß es für die Teilnehmenden Abschied nehmen. Mit vielen Eindrücken, Impulsen und neuen Kontakten geht es zurück nach Deutschland.
Auch das 2025 wird mit vielen spannenden Veranstaltungen und Aktivitäten gefüllt sein. Seien Sie auf das neue Jahr gespannt!